• Drawinghell 1

    Zeichnungsinstallation in der Hauptpost St.Gallen 2013 – 2014

     

    Manifestation des freien Strichs – Ideen und Bewegung bekommen Raum

    2013 bekam ich die Möglichkeit, einen Raum im obersten Stock der Hauptpost zu mieten. Was ich darin machen wollte wurde erst klar, als ich ihn mit Papierrollen und Klebeband bezog. Ich fing an, die Wände mit Papier zu bespannen, dann die Garderobenkästen, die Fensternischen, die Schrägbalken, die Absätze, beinahe alle Winkel, den Boden... Das war nicht geplant, schien mir aber genau das Richtige.
    Zum Start habe ich mich 3 Tage lang im Raum eingeschlossen und mich so ganz mir und meinem Schaffen ausgesetzt. Habe in meinem Papiergebilde geschlafen und gegessen. Ohne mich ablenken zu lassen, habe ich so einen Prozess beschleunigt, den ich schon lange verfolge. Ich nehme gerne einen Raum in Besitz und reagiere auf ihn. Es ist meine ureigene Art, mit Räumen umzugehen. Mir darin meine Welt zu erschaffen und zu inszenieren. Es war auch die Hölle in weiss, das Papier überall um die Zeichnerin herum, das gefüllt werden will und wo sie sich austoben kann.
    Nach der kompletten Auskleidung in Weiß und Klebebandnähten hab ich begonnen, auf das Papier zu malen. Ich gehe damit um, wie auf meiner Malunterlage auf meinem Arbeitstisch, lasse Figuren und Ideen aus Flecken entstehen. Jahrelang hat es mich fasziniert, was so nebenher in meinen Pinselabstrichen zu entdecken war. Mit Leichtigkeit ist alles Mögliche entworfen worden, ohne es beabsichtigt zu haben. Hier in der Hauptpost kann ich jetzt diese Zufälle nehmen und mit ihnen arbeiten. Mir macht es ungeheuren Spaß, so zu arbeiten, nicht zu wissen, was ich als Nächstes zeichne, male, schreibe und mich überraschen lassen von dem, was passiert. Formale und stilistische Einflüsse kommen aus dem Comic, aus der Illustration, aus Graffiti. Es sind die Gebiete, in denen ich mich bewege und die ich zu verbinden suche. Ich möchte mich in keiner Weise einschränken und mir alle Freiheit nehmen. Ein Fehler oder ein Element, das vermeintlich nicht passt, kann etwas ganz Neues auslösen und bewirken. Es verblüfft mich selbst immer wieder, was da entsteht, was meine Bilder erzählen – wie viel habe ich dazu beigetragen? Was passiert im Moment während meine Hand den Pinsel auf dem Papier führt. Wie viel Einfluss habe ich als Künstlerin darauf? Welche Themen mich anscheinend beschäftigen, was hab ich aufgesogen aus der Welt um mich herum, welche Nachrichten haben mich erreicht, welche Gefühle und Vorahnungen passieren auf dem Papier?
    Hier mache die Pinselstriche mit dem ganzen Körper, das sind ganz andere als auf dem Tisch. Es sind freie grosszügige Linien, sie fliessen und hängen nicht am Detail sind aber trotzdem genau in ihrer Aussage.